Heute lacht Europa, doch der Tag der Uiguren zerreißt das Herz…

(Gedicht)

Autor: Kurasch Umar Atahan

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Heute ist in Europa Feiertag …

Doch im Land der Uiguren ist Trauer …

Heute kam Weihnachten nach Europa,

Weihnachten ist gekommen,

An einem überaus kalten Tag.

Die Menschen besuchen einander,

Feiern,

Errichten Meshrep-Runden,

Suchen Nähe der Herzen,

Vertrauen einander Geheimnisse an,

Als würde das Gute wie Regen

Über die Viertel niedergehen.

Die Kälte hallt wider,

In hell erleuchteten Städten,

Erfüllt von Lachen und Heiterkeit.

Blondhaarige,

Blauäugige,

Hellhäutige Menschen

Füllen die Restaurants.

Sie tanzen,

Inmitten der Freude,

Jugendliche,

Mädchen und Jungen,

Stoßen Jubelrufe aus,

Bekennen ihre Liebe,

Händchen haltend an festlich gedeckten Tischen …

Mancherorts fällt Schnee,

Mancherorts Regen an diesem Tag …

Kälte oder Wärme,

Schnee oder Regen –

In einem freien Land

Bleibt das Herz fröhlich …

Kälte oder Wärme,

Schnee oder Regen –

In einem unabhängigen Land

Bleibt das Herz fröhlich …

Kälte oder Wärme,

Schnee oder Regen –

In einem freien und selbstbestimmten Land

Bleibt das Herz fröhlich …

Unvermittelt

Dachte ich an Ostturkestan …

Ich dachte an

Das vereinsamte

Ürümqi,

Ghulja,

Kaschgar,

Artusch,

Aksu,

Korla,

Turpan,

Hami,

Büretala,

Tacheng,

Altay,

Chöchek …

Warme Tränen stiegen mir in die Augen …!

In keiner Angelegenheit

Hört der Allmächtige

Unser Volk …

Kummer überkommt mich,

Wenn ich an

Nachbarn,

Freunde,

Feinde,

Sogar an verwandte Völker denke …

Das Tianshan-Gebirge

Weint blutig,

Die Altai-Berge klagen,

Karakorum,

Pamir und Altun-Gebirge …

Versunken in Stille

Dsungarei,

Seydam

Und das Tarimbecken …

Ein Aufschrei der Klage

Von Saken, Tugharen,

Hunnen,

Türken,

Oghusen,

Aus der heiligen Wiege: der Taklamakan …

Kein Licht,

Kein Frieden,

Kein Lachen …

Kein Fest,

Keine Liebe, keine Zuneigung –

Dunkelheit

Und

Unterdrückung

Herrschen in den alten Vierteln …

Die Kälte hallt wider,

In dunklen Städten,

Aus denen das Lachen verschwunden ist.

Schwarzhaarige,

Schwarzäugige,

Hellhäutige Menschen

Füllen die Gefängnisse …

Mütter weinen,

Im Unglück,

Jugendliche,

Mädchen und Jungen,

Schreien auf,

Erheben Klage,

In finsteren,

Von Blut durchtränkten Gefängnissen

Des uigurischen Landes …!

Kein Herz findet Ruhe

Im Land der Uiguren!

Heute kam Weihnachten nach Europa,

Weihnachten ist gekommen,

An einem überaus kalten Tag.

Die Menschen besuchen einander,

Feiern,

Errichten Meshrep-Runden,

Suchen Nähe der Herzen,

Vertrauen einander Geheimnisse an,

Als würde das Gute wie Regen

Über die Viertel niedergehen.

Heute

Ist in Europa Fest,

Frieden

Und

Fröhlichkeit selbst im eisigen Winter …

Doch

Der Winter

Ist für die Uiguren kein Frühling …

Ich dachte nach

Über das Land der Uiguren …

Klagegeschrei,

Tod und Verwaisung,

Tränen,

Angst,

Sorge,

Unruhe

Und

Unglück überall …

Lachen,

Freude,

Glück

Und

Heiterkeit

Sind nirgends zu sehen …

Freiheit,

Unabhängigkeit

Und

Menschenwürde

Findet man nicht

In diesem uralten, zivilisierten Land der Uiguren!!!

24.12.2025 – Deutschland

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Über Die Gedicht Europa und Uighuren

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1. Literarische Analyse

a) Grundstimmung und Ton

Das Gedicht ist von einer tragischen Kälte durchzogen – nicht nur klimatisch („intayin soghaq bir künde“), sondern vor allem moralisch und existenziell. Die Kälte steht symbolisch für:

emotionale Distanz,

Gleichgültigkeit der Welt,

das Erstarren des Gewissens.

Der Ton ist leise anklagend, nicht laut oder aggressiv. Gerade diese Zurückhaltung verstärkt die Wirkung.

b) Zentrale Symbole

Europa / Weihnachten

Weihnachten steht literarisch für Licht, Hoffnung, Erlösung, Mitgefühl.

Europa erscheint als Ort des Festes, der Wärme – aber nur für sich selbst.

Uigurisches Land / Trauer

Parallel dazu steht die kollektive Trauer eines Volkes, das unsichtbar bleibt.

Der Kontrast erzeugt eine klassische Antithese:

Fest ↔ Trauer

Licht ↔ Dunkel

Wärme ↔ Kälte

Diese Gegenüberstellung ist ein starkes poetisches Mittel, um moralische Spannung zu erzeugen.

c) Poetische Technik

Wiederholung („Weihnachten keldi“) verstärkt die Monotonie des Festes – fast mechanisch.

Schlichte Sprache: kein Pathos, keine komplizierten Metaphern → Authentizität.

Der Text wirkt wie ein still gesprochener Klagegesang, fast elegisch.

d) Sprecherrolle

Das lyrische Ich steht zwischen den Welten:

geografisch in Europa,

emotional und moralisch beim leidenden uigurischen Volk.

Das erzeugt eine exil-poetische Perspektive, wie man sie aus der Literatur verfolgter Völker kennt.

2. Politische Analyse

a) Implizite Kritik an Europa

Ohne Europa direkt anzugreifen, formuliert das Gedicht eine klare politische Botschaft:

Europa feiert Werte (Menschenrechte, Humanität),

schweigt jedoch angesichts realen Unrechts.

Das ist eine Anklage der Doppelmoral, nicht der Kultur.

b) Unsichtbarkeit des Leidens

Politisch zeigt der Text:

wie das Leid der Uiguren aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt wird,

wie wirtschaftliche und diplomatische Interessen über moralische Verantwortung gestellt werden.

Das Gedicht fungiert hier als Gegenöffentlichkeit.

c) Widerstand durch Erinnerung

Literarisch-politisch ist das Gedicht ein Akt des Widerstands:

Es weigert sich zu vergessen.

Es widerspricht der Normalisierung von Unterdrückung.

Es bewahrt Würde durch Sprache.

Sprache wird hier zur letzten freien Heimat.

3. Gesamtbewertung

Dieses Gedicht ist:

literarisch: reduziert, symbolisch, wirkungsvoll

politisch: leise, aber eindeutig

moralisch: eine Gewissensfrage an die Welt

Es zwingt den Leser, sich zu fragen:

Kann man feiern, wenn andere ausgelöscht werden – und schweigen?!

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